Feuerwehrübergreifende Fortbildung für Atemschutzgeräteträger in Osterode

(Osterode, 27.04.2013 / MDP) Die Tür ist heiss. Der Lack schlägt Blasen, unter dem Türspalt ist bereits ein Flackern zu sehen. Die beiden Feuerwehrleute davor wissen, jetzt sind sie angekommen. Das ist der Brandraum. Hinter der Tür wartet eine Menge Rauch, vielleicht von der Decke bis zum Boden, Temperaturen von 400 bis 500 Grad, vielleicht mehr. Vielleicht auch eine Rauchdurchzündung, wenn sie die Tür öffnen. Davor schützen soll sie ihre schwere Schutzkleidung, ihr Atemschutzgerät, das Strahlrohr und – ihre Ausbildung. Jetzt muss jeder Handgriff sitzen. Also noch Schlauchreserve nachziehen, wer weiss, wie weit der Raum dahinter noch reicht. Die Einstellung am Strahlrohr überprüfen, Rückmeldung über Funk an die Atemschutzüberwachung und den Gruppenführer über Standort, Lage und verbleibende Luft. Alles zur Sicherheit, damit der vor dem Gebäude wartende Sicherheitstrupp weiss, wo er suchen muss und wie viel Zeit bliebt, wenn etwas schief geht. Dann letzte Absprache im Trupp, wer macht die Tür auf und wieder zu, wer gibt Sprühimpulse mit dem Strahlrohr in die heisse Rauchsicht.

Zur gleichen Zeit, ca. 500 m Luftlinie entfernt haben drei Kameraden von ihnen ähnliche Probleme: In einem Einfamilienhaus brennt es, eine Person wird im Obergeschoss vermisst. Bei Nullsicht durch den starken Rauch müssen sie ein ihnen völlig unbekanntes Haus absuchen, kennen weder Aufteilung noch Tiefe und Breite der Räume. Und das gründlich, die Person könnte zusammen gebrochen sein, hinter einer Tür oder zwischen Sofa und Couchtisch liegen. Dabei bloß die Orientierung nicht verlieren, man muss auch selbst wieder zurückfinden. Also immer schön Kontakt halten, zur Wand, zum Nebenmann, über eine Leine oder den Schlauch zum Ausgang. Außerdem kämpfen die Feuerwehrmänner gegen die Zeit: 17 Minuten ist die Reanimationsgrenze, also die Zeitspanne, nach der erfahrungsgemäß die Wiederbelebung einer im Rauch liegenden Person zwecklos ist – von den 17 Minuten fehlen aber schon die Alarmierung, Anfahrt und das Ausrüsten der Feuerwehrleute. Also bleiben noch 4-8 Minuten.

Beides Szenen aus einer Ausbildungsveranstaltung der Feuerwehren der Stadt Osterode am vergangenen Samstag an der Feuerwehrtechnischen Zentrale in Katzenstein. Gut 30 Atemschutzgeräteträger aus allen Ortsfeuerwehren üben gemeinsam Standardprozeduren um sich auf Einsätze wie diese vorzubereiten. „Ziel ist neben der Vereinheitlichung von Vorgehensweisen auch, sich auszutauschen, die Technik und Kameraden der Nachbarwehren kennenzulernen, damit im Ernstfall die Zusammenarbeit mit Atemschutzgeräteträgern und Geräten aus anderen Feuerwehren gut klappt.“, erläutert Stadtbrandmeister Thomas Schulze.

Neben Einsatzszenarien trainieren die Teilnehmer an diesem Tag den Umgang und das Vorgehen mit verschiedenen Hohlstrahlrohren und Wärmebildkameras sowie Fluchthauben. Die Versorgung wird durch den Logistikzug der Kreisfeuerwehrbereitschaft sichergestellt, der den erschöpften Geräteträgern in der Mittagspause selbst gekochte Spaghetti Bolognese aus seiner Feldküche serviert. Die Getränke für die schweisstreibende Ausbildung hat die Grafenquelle aus Förste gespendet.

Am Ende des Tages sind die Teilnehmer ziemlich geschafft, ziehen nach der ersten Veranstaltung dieser Art in der Stadt Osterode aber ein positives Fazit: „Die Mischung aus Trupps aus den verschiedenen Ortsfeuerwehren war echt positiv.“, „Die Idee, dass die Wehren für den Atemschutzeinsatz einheitlich ausgebildet werden, ist gut.“, „Tolle Organisation, gutes Essen“, „Gute Erklärungen der Ausbilder“ lauten die Reaktionen. Zufrieden ist auch das zehnköpfige Ausbilderteam aus den Feuerwehren Freiheit, Lasfelde, Lerbach, Nienstedt und Osterode und plant daher schon die nächste Ausbildungsveranstaltung. Dann wird es um den Atemschutznotfall gehen, also wenn die Retter selbst Hilfe brauchen – zum Glück ist dieser Fall noch nie bei den hiesigen Feuerwehren aufgetreten. Aber sie wollen vorbereitet sein.

Wer Interesse an einer abwechslungsreichen und sinnvollen Freizeitbeschäftigung in der Freiwilligen Feuerwehr hat, ist herzlich willkommen und kann sich an die Ortsbrandmeister der Ortsfeuerwehren wenden. Die Erreichbarkeiten sind über die Internetseite des Kreisfeuerwehrverbands unter www.kfv.oha.de in der Rubrik „Feuerwehren“ mit Weiterleitung auf die jeweilige Homepage der Ortsfeuerwehr zu finden.

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Wärmebildkameras erleichtern die Suche nach vermissten und Personen und die Brandbekämpfung,
mit ihnen kann man durch den Rauch sehen und Temperaturunterschiede erkennen

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Türöffnung des Brandraums. Jetzt kommt es auf das richtige
Timing an: wer öffnet die Tür, wann kommt der Sprühstrahl.

 

 

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Ein Atemschutztrupp dringt in ein Wohnhaus ein, um eine vermisste Person zu suchen.

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Bei der Suche nach Personen kommt es darauf an, den Kontakt zueinander nicht zu verlieren.
Sandgestrahlte Scheiben wirken wie eine starke Verrauchung.

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Zu viel Wasser kann schlimme Folgen haben: hier übt ein Trupp
die Rauchkühlung mit Sprühimpulsen aus dem Hohlstrahlrohr.